Nachhaltigkeit in der Immobilienbranche

Nachhaltigkeit und Klimaschutz rücken immer mehr in den Fokus der Immobilienbranche. Für die Immobilienwirtschaft eröffnen sich damit neue Perspektiven und Herausforderungen, aber auch Chancen, einen signifikanten Beitrag zum Klimaschutz zu leisten und gleichzeitig für die Zukunft gerüstet zu sein. 

Hürden auf dem Weg zur Nachhaltigkeit

Ein Großteil der gebäudebezogenen Emissionen resultiert aus der Verbrennung fossiler Energieträger zum Heizen. Selbst nach einem Umstieg auf grünen Strom sind Unternehmen von der Erreichung der CO2-Neutralität noch weit entfernt, zumal die Menge des nachhaltig erzeugten Stroms begrenzt ist. Eine Reduktion des Energiebedarfs ist unumgänglich, insbesondere bei Bestandsgebäuden. Dies erfordert einen mehrdimensionalen Ansatz, der sowohl technische Lösungen als auch verhaltensbedingte Anpassungen umfasst:

Grüne
Infrastruktur

Die Integration von grüner Infrastruktur, wie begrünte Dächer oder Fassaden, kann signifikant zu einem verbesserten Wärmemanagement beitragen. Diese ökologischen Maßnahmen helfen effektiv, Gebäude im Sommer natürlich kühl und im Winter besser isoliert warm zu halten.

Intelligentes Energiemanagement

Die Einführung von Smart-Home-Technologien ermöglicht eine effizientere Steuerung der Heizung, Lüftung und Beleuchtung. Durch die automatisierte Anpassung an die tatsächliche Nutzung und Außentemperaturen lassen sich Energieverbrauch und Emissionen senken.

Energieeffizienz durch Sanierung

Dazu gehören Maßnahmen wie die Dämmung von Wänden, Dächern und Fenstern, um Wärmeverluste zu minimieren. Die Modernisierung der Heizungsanlagen, etwa durch effizientere Heizsysteme oder Umstellung auf Wärmepumpentechnologie, kann den Energiebedarf für das Heizen reduzieren.

Ein Problem stellt allerdings das „Investor-Nutzer-Dilemma“ dar, bei dem die notwendigen Sanierungsmaßnahmen oft ausbleiben, weil Eigentümer die Investitionskosten nicht durch Mietanpassungen refinanzieren können, während die Mieter einseitig von den gesenkten Betriebskosten profitieren. Die Auflösung dieses Dilemmas erfordert das Zusammenwirken von Politik und Immobilienwirtschaft.

Energieverbrauch im Gebäudesektor

Derzeit entfallen rund 39 Prozent der energiebedingten Kohlendioxidemissionen auf Gebäude, was mehr als im Verkehrssektor ist. Gebäude sind für 58 Prozent der städtischen Emissionen verantwortlich, während der Verkehr nur 21 Prozent verursacht. Nur ein Prozent der Gebäude weltweit gilt als CO2-neutral, während Gebäude für etwa 30 Prozent des Endenergieverbrauchs und über 55 Prozent des weltweiten Stromverbrauchs verantwortlich sind.

Die Herausforderung besteht darin, die Praxis mit dem übergeordneten Ziel des Pariser Klimaabkommens, die Erderwärmung auf zwei oder 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, in Einklang zu bringen. Obwohl immer mehr Immobilienunternehmen die Treibhausgasemissionen ihrer Gebäude erfassen und berichten, fehlt es an klaren Zielvorgaben. Das CRREM-Projekt (Carbon Risk Real Estate Monitor) schafft mehr Transparenz durch Berechnung von Dekarbonisierungspfaden, die es der Branche ermöglichen, Klimarisiken zu identifizieren und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.

Die Reduktion der hohen Emissionen des Gebäudesektors bleibt eine enorme Herausforderung, die nicht allein durch nachhaltigen Neubau, sondern auch in der bestehenden gebauten Umwelt realisiert werden muss. Etwa 80 Prozent des Gebäudebestands im Jahr 2050 sind bereits gebaut. Laut World Green Building Council müssen alle neu errichteten Gebäude ab 2030 CO2-neutral sein, ab 2050 gilt dies für den gesamten Gebäudebestand.

Green-Building-Zertifizierungssysteme

Weltweit existieren heute mehr als 50 solcher Zertifikate, ein Zeugnis für das gestiegene Bewusstsein und die Bemühungen um eine nachhaltigere Bauweise. Doch trotz dieser Vielfalt an Zertifizierungen erweist sich deren Effektivität als begrenzt, wenn es um den umfassenden Klimaschutz und die Bewältigung der Klimakrise geht.

Die hohe Anzahl der Zertifikate spiegelt vor allem die Diversität der Immobilienmärkte und die Unterschiede in länder- und assetklassenspezifischen Anforderungen wider. Diese Vielfalt, so könnte man meinen, ermöglicht eine genauere und angepasste Bewertung von Nachhaltigkeit. Jedoch erschwert sie gleichzeitig einen flächendeckenden oder gar globalen Einsatz der Zertifikate, schmälert deren Vergleichbarkeit und mindert letztendlich ihren Nutzen. Die anfängliche Fokussierung der Zertifikate auf ökologische Nachhaltigkeit wurde im Laufe der Zeit um ökonomische und soziale Aspekte erweitert, was zwar eine ganzheitlichere Bewertung ermöglicht, aber auch dazu führt, dass die Umweltkomponente – insbesondere die Treibhausgasemissionen – nur noch einen Teil der Gesamtbewertung ausmacht.

Entwickler und Eigentümer stehen zudem vor der Wahl, sich das Zertifikat auszusuchen, das ihre Immobilie in das beste Licht rückt und die vorteilhafteste Nutzen-Kosten-Rechnung bietet. Diese Flexibilität kann die Glaubwürdigkeit der Zertifikate untergraben und ihre Rolle beim Management von Klimarisiken einschränken. Eine präzise, dynamische Erfassung und ein kontinuierliches Monitoring der Emissionen sind für eine effektive Emissionsvermeidung unerlässlich. Die derzeitige Praxis, Emissionen in großen Abständen zu erfassen, genügt diesen Anforderungen nicht.

Obwohl viele Zertifizierungen und Energieausweise Verbesserungsempfehlungen geben, bleibt die Bewertung eine Momentaufnahme. Es fehlen Prognosen zur zukünftigen Entwicklung der Emissionen einer Immobilie, bedingt durch klimatische Veränderungen und die Dekarbonisierung der Energienetze. Die Zertifikate decken zudem nur einen Bruchteil des globalen Immobilienbestands ab, mit dominanten Systemen in verschiedenen Regionen, die jedoch nicht alle Anforderungen abdecken können.

Fazit

Der Übergang zu einem nachhaltigen Immobilienmanagement birgt die Chance, nicht nur das Klima zu schützen und Ressourcen zu schonen, sondern auch die Attraktivität und Wertbeständigkeit von Immobilien langfristig zu sichern.

Dabei ist klar: Nachhaltigkeit in der Immobilienwirtschaft darf sich nicht in der Vergabe von Zertifikaten erschöpfen oder in der bloßen Anpassung an wechselnde Regularien. Vielmehr geht es darum, durchdachte und zukunftsorientierte Strategien zu entwickeln, die echte Veränderungen bewirken.

Die Immobilienbranche steht somit vor der Aufgabe, Nachhaltigkeit als integralen Bestandteil ihres Handelns zu begreifen und mit Innovationskraft und Verantwortungsbewusstsein den Wandel aktiv zu gestalten.

 

Quelle: BUILDING MINDS Whitepaper

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